Das vollgestopfte Leben

 

Ich versuche mich täglich zu entleeren. Ich halte den Ball flach. Ich denke schon lange nicht mehr nach, da ich irgendwo gelesen habe, man solle die Gedanken auftauchen und wieder ziehen lassen, sie aber ja nicht verfolgen. Daher bin ich auch beinahe vom Schreiben kuriert. Schreiben verstopft. Schreiben führt dem Weltgedächtnis so viel Unnützes hinzu, und das Nützliche, das will sich schlicht nicht artikulieren. Das Glück flieht vor der festen Form. So warte ich auf Geschichten, um sie mir anzuhören, und sie im nächsten Augenblick auch wieder zu vergessen. Und manchmal, wenn ich so dasitze und warte, vergesse ich, dass ich auf eine Geschichte warte, und wenn jemand bereit ist, zu erzählen, höre ich nicht hin, weil ich doch mit warten beschäftigt bin.

Immer wieder sagen mir die Leute, ich solle es doch sein lassen mit dem Warten, ich müsse doch etwas aus mir machen. „Aus meinem Äusseren?“, frage ich dann etwas gekränkt, wohlwissend, dass meine Hose nicht die neuste ist, mein Shirt verwaschen, und meine Haut etwas knitterig vom langen Schlaf, den ich so sehr brauche, weil mich doch das Warten erschöpft. „Mach doch einen Kurs“, sagen sie mir. Und wenn ich frage, wer dann auf sie warten würde, zucken sie mit der Schulter, und sagen: „Wer rastet, der rostet.“ „Aber ich steh doch nicht im Regen.“ Daraufhin schauen sie mich seltsam an. „Was trocken ist, kann nicht Rost ansetzen“, sage ich, und sie lachen verlegen.