Little Stories

Im Traum sagt ein zwölfjähriges Mädchen zu mir: “Du siehst aus wie zwölf!” Ich sage: “Das ist aber ein schönes Kompliment von einer Zwölfjährigen!”

Warum zwölf?, frage ich mich am Morgen.

 

Im Coop fragt der junge Kassierer: “Haben Sie einen Ausweis dabei?”

“Nein”, sage ich. “Ich bin 37.”

Er bittet mich, kurz die Maske runterzunehmen.

Ich zeige ihm für einen Bruchteil einer Sekunde meine Nase.

 

Ein älterer Mann, der sein linkes Auge mit Pflaster abgedeckt hat, bittet mich um zehn Franken. Er bekäme am Donnerstag seine erste AHV, und würde heute gerne etwas einkaufen. Ich schaue den Mann verwundert an. Er sieht nicht aus wie ein Obdachloser, nicht wie ein Trinker, er spricht ganz ruhig und überlegt, nur sein verletztes Auge erwähnt er nicht.

 

Der Mann, der aussieht wie Robbie Williams, sieht auch mit Maske aus wie Robbie Williams. Ich hab ihm immer nur den Kaffee serviert, ohne ihn nach seinen musikalischen Aktivitäten zu fragen. Von daher kann ich nicht mit hundertprozentiger Bestimmtheit sagen, dass es sich nicht doch um Robbie Williams handelt, schliesslich hat Burgdorf diverse musikalische Talente von Weltformat hervorgebracht!

 

Im Wald denke ich über die “Bitternis” nach. Auf Englisch klingt sie sanfter, versöhnlicher: “Bitterness”.

 

Und dann denke ich: Sehr viele Menschen stehen nicht für die Freiheit ein, weil sie gar nie von ihr Gebrauch gemacht haben.

(Da befinde ich mich übrigens gerade auf dem Pestalozzipfad.)

 

Wieder zu Hause lausche ich den Klarinettenversuchen aus der Nachbarschaft.

Es dünkt mich fast, da hat jemand Fortschritte gemacht!