War die Zeit schon mal höflich? Hat sie uns jemals vorgewarnt: „Entschuldige Kleines, nimm es mir nicht übel, aber ich werde mich jetzt in dir und auf deiner Oberfläche verewigen.“ Im Gegenteil. Die Zeit ist gnadenlos. „Du lebst nur durch mich, aber sobald ich eine kleine Entschädigung fordere, wirst du zimperlich, ja regelrecht geizig. Durch mich bist du geworden – aber man soll es dir bloss nicht ansehen – als ob überhaupt keine Kraft ausser deiner eigenen in dir gewirkt hätte.“ So eitel sind wir. Kleine Atomkraftwerke. Die Zeit aber kennt keine Eitelkeit. Sie arbeitet mit Staub, Spinnweben, mit Sporen und Pilzen.
Und wenn ich jetzt einfach nur bleib in dieser Zone, wo nur die Zeit ist, und wo sie gleichzeitig auch nicht ist, weil niemand sie wahrnimmt, in dieser Matrix des Nichts, wer würde ich da sein?
Wenn es mir gelänge, den Dingen ihren Sinn abzuziehen, bis alles gleich bedeutungslos erscheint, hätte ich dann noch den eitlen Anspruch unter all den sinnberaubten Dingen als Einzige lebendig zu sein? Leben die Pilze denn etwa nicht? Und was ist mit dem Moos, das über den Teppich wandert, immer tiefer dringt, und sich zu verankern sucht?
Ich spiele mit dem Gedanken, all die Lügen unserer Zeit in dieses Hotel zu packen. Die Nächte wären kostenlos, genau wie die Mahlzeiten aus Nichts und Zeit. Hier würde sie niemand stören, die Lügen. Zum ersten Mal könnten sie eine Autonomie erfahren und sich gar als Wahrheit zelebrieren, da niemand widerspräche in der Matrix ohne Weltbezug.
Oh wie liebe ich die Orte, die aus der Welt fallen. Sind sie nicht auch eine Art Zeitmaschine? Zusammen halten wir den Atem an und warten auf eine Bewegung. Auf irgendeine.
Vielleicht stürzt das Dach ein? Vielleicht öffnet sich ein Fenster im Denken, durch das ein Windstoss einen Gegenstand umwirft.
Und vielleicht betrachtete ich mich hier zum ersten Mal im Spiegel der Unendlichkeit, die das Sterben bedingt.