Manifest der Symptomisten

Das Symptom, das sind wir alle. Alles, was wir meinen, überwunden zu haben, treffen wir in der Zukunft in veränderter Form wieder an. Die Gans wird Feder und die Feder wird Schreibutensil und das Schreibutensil wird Wort. Selten weist sich das Symptom als Symptom aus. Das Symptom sind wir alle. Wir, die Symptomisten kennzeichnen das Symptom. Wir sind das Salz in der Wunde und der Trost für die Verzweifelten. Unsere Post-it-Zettel taufen jedes namenlose Werk. Zweifeln lohnt sich nicht, denn nichts ist so gewiss, wie die Wiederkehr des Symptoms. Es gibt keinen Anfang und kein Ende, jeder Diskurs ist zum Scheitern verurteilt. Es gibt nur das Aufflackern in den Augen des Sehenden.

Wir ziehen die verborgene Kraft des Witzes der tiefen Abhandlung vor. Unsere Zen-Meister sind auch nur Kaffeebohnen in unseren Mühlen. Wer hat es jemals gewagt, die Autoritäten zu trinken? Wir, die Symptomisten!! Immer wieder tränken wir uns gegenseitig. Kelch wunderbarer Schwindel da entwächst!

Wir beschäftigen uns mit der geheimen Strahlungskraft der Buchstaben. Mögen sie spotten die Symptomlosen. Der Realismus ist nie tot, nicht so lange jeder Furrrrz behauptet, eine Wissenschaft zu sein, und die Wissenschuft selber ihren Modelcharakter leugnet. Models aber sind Küken, sie bannen die Angst vor der wirklichen Entdeckung, indem man sie mit Liebe überschüttet. Das nennt man Fetischismus. Der Realismus aber, unser Freund, kennt keine solche Senntimentalität. Wir schreipen das mit zwei n, wie der Senn, der anpackt und beim Sonnenuntergang seinen Naturjodel in den Felsen ruft, mit der Gewissheit, dass ihn das Echo findet.

Es ist nicht so, dass das Bild über das Wort siegt – oh nein! Wer dies behauptet, fürchtet das Echo und das Echo sind wir! Wir arbeiten an der Verschmelzung. Der Ort, an dem dies geschieht, wird nicht die digitale Welt sein, nicht so lange Spiegelungen der unbeleuchteten Glasscheiben in der Dämmerung den sanften Wellen auf dem See gleichen (auch wenn die Welt eine Uhr verschluckt hat und ihr Sekundenzeiger ein Sturmgewehr ist!)

Wir entführen Studenten aus den Kunsthochschulen, bis die Schulen wieder Nichtorte sind und die Studenten Kinder, die aus unseren Schubladen steigen und uns entlaufen.

Unsere Werke zu kaufen, ist sinnlos, denn nach drei Monaten lösen sie sich auf.

Unsere Dramaturgie ist zyklisch. Wer nach Höhepunkten sucht, wird das Symptom niemals erkennen. Das Symptom entlarvt sich im Zufall, in der Willkür. Den Kritikern rufen wir zu: Verschwendet nicht eure Zeit mit uns. Ihr seid gefangen in der Vergangenheit, wir aber kommen aus der Zukunft. Was wir dräumen, was wir mahlen und was wir schreipen, es findet uns.

Findet uns!

Piel, symmptomistischer Oktober

Die Symptomisten