Der leere Raum

Ich sitze auf einer Bank im Wald, und blicke zu den Baumkronen hoch, das filigrane Astwerk bestaunend, dessen Symmetrien sich womöglich in den Wurzeln wiederfinden. Wenn ich meinen Blick unscharf stelle, sehe ich über mir einen Baldachin, der aus lauter feinen Zellen besteht – wie der Flügel einer Libelle.

Ich spüre wie der Wald atmet und die Erde tief Luft holt.

Ich gehe nochmals zwanzig Jahre zurück. In mir findet eine Umschichtung statt. Ich nehme die Hinweise mit, die ich damals übersehen habe, und lasse dort, was mich viel zu lange aufgehalten hat.

Mein Stift webt den Silberfaden, der mich mit dem Baldachin verbindet. Dieser weltenumspannende Insektenflügel spiegelt meine eigenen Zellen, die das Blau des neuen Himmels aufsaugen.

„Der menschliche Körper enthält etwa 30 x 1012 Zellen (davon 25 x 1012 rote Blutkörperchen).

Die Zelle hat viele Millionen Moleküle.

Das Molekül (z.B. Eiweiss besteht aus 10‘000 bis 100‘000 Atomen.)

Jeder cm³ Körpervolumen enthält etwa 1024 Atome.

Jedes Atom sendet bei 37 Grad pro Sekunde ca. 1450 Quanten.“

(Warnke Ulrich: Gehirn-Magie. Der Zauber unserer Gefühlswelt. Berlin /München: Scorpio Verlag Gmbh & Co. 2014. S.50)

Hätte ich in meiner Schulzeit verstanden, dass Zahlen Räume beschreiben, die sich öffnen, wenn man sich ihrer Logik überlässt, dass sie tatsächliche Verhältnisse abbilden, und sich darüber hinaus in den Symmetrien des Lebens manifestieren, dass das kleinste Teilchen in sich das grosse Ganze abbildet, ja dann wäre ich am 11. September 2001 wahrscheinlich nicht bei meinem Mathematiknachhilfelehrer am Küchentisch gesessen, während im Hintergrund der Fernseher lief, und ich mich wunderte, warum neuerdings die Katastrophen in Echtzeit übertragen, aber nicht verhindert werden konnten. Welche Kamera hatte bloss diese gestochen scharfen Aufnahmen gemacht, so, als ob sie geradezu auf das Jahrhundertereignis gewartet hätte: 2 gekaperte Flugzeuge flogen in die Türme des World Trade Centers, (der dritte Turm stürzte von selbst ein), während das dritte Flugzeug ins Pentagon krachte. Ein 4. Flugzeug wurde offenbar in Shanksville zum Absturz gebracht. Das jedenfalls erzählten die Bilder. Der Vater meines Nachhilfelehrers, ein hoher Militär, tigerte ungläubig im Wohnzimmer auf und ab.

Ich beschloss meine Gymnasialzeit mit einer knapp ungenügenden Note in Mathematik und tröstete meinen Nachhilfelehrer damit, dass es schlimmer hätte kommen können. Immerhin verstand ich das Prinzip der Wahrscheinlichkeitsrechnung, und das sollte in den kommenden Jahren von Politik und Medien ausser Kraft gesetzt werden, als ob der gesunde Menschenverstand selbst Produkt einer wirtschaftlich unrentablen Konditionierung gewesen wäre, auf hartnäckige deutsche Denker wie Kant zurückzuführen, die es zu löschen galt.

Während sich eine korrupte Elite aus Bankstern, Militärs, Geheimdiensten, Politkern, Medien und der Unterhaltungsindustrie durch immer dreistere und kaltblütigere Schockstrategien die Welt unterwarf, schrumpften in gleichem Masse die magischen Räume im Inneren der Menschen.

Der Mensch wurde nach und nach seines grössten Potentials, seiner Schöpferkraft, beraubt. In sinnlosen Jobs, die seinem Können nicht gerecht wurden, opferte er sich brav auf für gesellschaftliche Anerkennung, kleine Vergnügungen, sexuelle Freiheiten, Reisen und Statussymbole. Man lenkte seinen Blick auf alles Materielle, damit er bloss nicht seine geistigen Fähigkeiten entdeckte. Man versuchte ihm einzureden, dass die Antworten im Aussen zu finden seien. In Zeitungen und Kinos, in den sozialen Medien, für dessen Leistungen er natürlich willig bezahlte, mit seinem kleinen Lohn und seinen Daten.

Und plötzlich, als ob sich durch den Shutdown ein unsichtbares Tor geöffnet hat, können wir wieder gemeinsam den Raum der Stille betreten. Endlich erhalten alle die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu blicken, und die Wahrheit zu erkennen. Sogar Jugendliche zieht es wieder in die Wälder, ganz ohne Smartphones. Und je mehr wir in uns hinein lauschen, und unsere inneren Stimmen sich langsam beruhigen, desto deutlich nehmen wir unseren Innenraum wahr: Der schöpferische Raum in uns ist leer.

„Jedes Atom besteht also zu mehr als 99.999 Prozent aus leerem Raum. Wir bestehen komplett aus Atomen, und deshalb besteht tatsächlich unser Körper, auch unser Gehirn, zu mehr als 99.999 Prozent, also fast vollständig, aus Leere.“ (Warnke, S.67)

Was all unsere Vorgänge steuert, und wie aus diesem Vakuum Materie wird, das wusste bereits Platon:

Wirkliche Existenz besitzt nichts Materielles, sondern enthält den Bauplan des Materiellen, die Form oder Idee. Der menschliche Geist hat teil an der Realität der Formen und (Natur-)Gesetze, der Raum ist wirklicher als die materielle beobachtbare Welt, der leere Raum macht die Welt aus.“ (Warnke, S. 80)

Ein Grossteil des Vakuums nehmen elektromagnetische Wahrscheinlichkeitswellen ein. Erst wenn Elektronen als Angebotswelle mit anderen Elektronen der Bestätigungswelle Kontakt aufgenommen haben, werden sie zu Teilchen. (S.83) Nun haben alle subatomaren Teilchen die Eigenschaften eines Spins, so auch Elektronen und Quarks. Die Richtung der Achse des Spins lässt sich bestimmen. Paul Charles William Davis konnte 1986 experimentell nachweisen, dass sich die Richtung des Spins durch die Beobachtung ändert. (S.111) Mit anderen Worten ausgedrückt: Der Geist beeinflusst die Materie. Dem ist aber noch nicht genug. Wir existieren als Elektronenkörper nicht unabhängig vom grossen Ganzen: „Elektronen und ihre Wellen sind überall hier und im Universum, also ist ebenfalls überall ein Netz pulsierender Potenziale, ausgehend von virtuellen Photonen. Wir sind mit unserem Elektronenkörper ein Teil dieses Netzes, und deshalb sind wir tatsächlich mit dem ganzen Universum verknüpft.“ (S.84)

Nun, die wissenschaftliche Erklärung für die Macht unseres Geistes nimmt sich komplex aus, da wir es nicht gewohnt sind, unsere Wirklichkeit in kleinste Teilchen zu zerlegen – fürs Auge niemals sichtbar. Wir sehen immer nur das Übermächtige und fühlen uns oft in unseren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Wir möchten so vieles und tun so weniges, da wir nicht gelernt haben, jede kleinste Geste mit Bewusstsein aufzuladen. Jedes Lächeln und jeden Atemzug. Bis wir uns selbst gewahr werden und sich uns das offenbart, was wir wissen müssen.